Es läuft gut an. In den Buchhandlungen liegt mein Buch auf Tischen gestapelt und trotz Ferienzeit und Sommerloch kann ich mich kurz nach dem Erscheinungstermin bereits über eine Rezension in einer überregionalen Qualitätszeitung freuen. In der österreichischen Presse am Sonntag (die online leider nur gegen Bezahlung zu lesen ist, deshalb hier kein Link) finde ich mich in blendender Gesellschaft der zwei attraktiven Krimi-Kapazunder Thomas Raab und Bernhard Aichner wieder.
Als ich zum Frühstückstisch komme, liegt die Zeitung bereits dort und mein Mann ist recht gedrückter Stimmung. Offenbar unterschätzt er meine Frustrationstoleranz, doch ich bin bestens vorbereitet. Glücklicherweise durch eine liebe Bekannte aus der Presse-Redaktion vorab von der Rezension informiert, konnte ich mich in zwei schlafarmen Nächten gut auf den Moment einstellen. Nicht umsonst bin ich auch an diesem Morgen lange Zeit wach im Bett gelegen und habe die unumstößliche Überzeugung aufgebaut, dass mein Buch gnadenlos verrissen wird. Ganz klar, ich werde den Artikel einfach nicht lesen.
Tue ich dann doch, nach etwa einer Minute Bedenkzeit:
Mutiger Beginn, lebensechte Protagonistin, fesselnde Geschichte ohne simple Gut-gegen-Böse-Schemata. Ich freue mich. Dass Peter Huber das Ende hat kommen sehen, wird seiner Routine als Rezensent geschuldet sein. Ich habe es zum Glück nicht kommen sehen, sonst wäre mir beim Schreiben langweilig geworden. Ein wenig überraschend die Vermutung, ich hätte Anleihen bei der „Tribute von Panem“-Trilogie genommen. Für eine weibliche Heldin, die ein diktatorisches Regime ins Wanken bringt, finden sich in der Literaturgeschichte offenbar keine anderen Beispiele. Ich interpretiere das als eindeutigen Ansporn, mehr politische, aufmüpfige Protagonistinnen in die Welt zu setzen.
Wenn ich nun nicht zufrieden gewesen wäre mit der Rezension?
Der Tod des Autors, ein Essay des Semiotikers Roland Barthes von 1968, beschreibt nicht, wie man meinen könnte, die Seelenqualen samt anschließendem Suizid eines Autors nach einer in seinen Augen wenig treffenden Kritik. Es dreht sich vielmehr um die Irrelevanz des Autors für die Entschlüsselung des fertigen Textes, dessen Bedeutung erst in der Interpretation des Lesers entsteht. Auch wenn ich Barthes These nicht in ihrer ganzen Radikalität zustimmen mag, so verschwinde ich als Autorin doch sehr gerne hinter meinem Text. Jede Geschichte soll die Sprache, die Atmosphäre, das Tempo haben, das ihr gebührt, ohne dass ein spezifisch persönlicher Stil im Vordergrund steht. Mit Vergnügen lasse ich beim Schreiben Räume offen, verweigere gelegentlich die Deutung der Geschehnisse, um den Leserinnen Platz lassen, sich selbst ihre Welt zu erschaffen.
Wenn die ihnen dann nicht zusagt, gibt es vielleicht auch mal eine schlechte Kritik. Und ich versuche, sie nicht persönlich zu nehmen. Schließlich gilt sie in der Regel nicht der Autorin, sondern dem Text, bei dessen Erschaffung die Leserin maßgeblich mitgewirkt hat. Ungemein entlastend.
Falls man rechtzeitig daran denkt. Andernfalls einfach wie üblich wüten, toben, schimpfen und den Kritikern die Pest an den Hals wünschen.